Tag 1, 7. August 2024
Den Anstoss zu dieser Tour gab mir die Grialetschhütte (2542m). Jedesmal, wenn wir über den Flüelapass fuhren und ich von der Engadinerseite her das Tal zurück und hochschaute, dachte ich an diese Hütte. Und jetzt, heute, stehen wir auf dem Flüela Ospiz, 11h23, nach fast vier Stunden Reise, Ziel Grialetschhütte. Und bereits einmal nass geworden, auf dem Weg von zu Hause zum Bahnhof Basel SBB, mit dem Velo.
Das Gute daran: Damit ist das Kapitel Regen für die kommenden vier Tage erledigt. Das allerdings nur dank etwas Glück und etwas Voraussicht. Die Idee war, im Hotel Flüela Hospiz eine kurze Rast zu machen, Sonnencrème aufzutragen und bald loszuziehen, mit der Option, eventuell noch auf das Schwarzhorn zu steigen. Meteo Schweiz meldet Regen und Gewitter für ca. 12h. Und tatsächlich verfinstert sich der Himmel mehr und mehr. Nach Suppe, Kaffee und Kuchen starten wir um 13h15 unsere viertägige Tour. Der Regen ist vorbei und langsam wird die Landschaft wieder sichtbar. Der Weg führt zuerst nördlich der Passstrasse entlang bis zur Postautohaltstelle Schwarzhorn. Dann südlich, zur Fuorcla Radönt, 2786m. Weil die Zeit knapp geworden wäre, nehmen wir den direkten Weg, ohne den Abstecher zur Schwarzhorafurgga und zum Schwarzhorn. Kurz nach der Fuorcla Radönt liegt ein Seelein, das uns mit einem einladenden Schneeherz zum Baden animierte. Perfekt mit ein paar Sonnenstrahlen. Das Bad ist kurz und erfrischend, sehr wohltuend. Nach ungefähr weiteren drei Kilometern und leichtem Abstieg sind wir bei der Grialetschhütte. Und staunen über die Mengen an zum Trocknen aufgehängeten Kleidern, den Schuhen, die nass herumstehen und den Geschichten dazu. Wie die der Familie mit zwei Kindern, die vom Dischma Tal zur Hütte stiegen, voll ins Gewitter kamen, mit Hagel dabei. Oder die der Gruppe aus England, die auch beim Flüelapass startete, aber etwa zwei Stunden vor uns und tüchtig verregnet wurde, während wir in der Beiz sasssen und warteten. Bei der Grialetschhütte liegen ebenfalls zwei sehr schöne Seelein, das eine dient als Trinkwasser Reservoir, kein Baden. Das andere schaut uns sehr verlockend an, aber wir müssen ihm einen Korb geben, zu spät und das Wetter zu kalt. Die Grialetschhütte ist modern umgebaut, sehr angenehm und schön, heimelig. Wir bekommen einen Schlafraum nur für uns sieben, mit viel Platz, sehr komfortabel.
Tag 2, 8. August 2024
Nach zwanzig Minuten sind wir beim ersten See, dem Furggasee. Schön, aber zu früh zum Baden, zuerst müssen wir etwas schwitzen. Also weiter. zum Scalettapass, mit der Schutzhütte. Wunderbare Bergwanderwege, manchmal mit mehr Steinen, dann wieder lockerer. Um das Chüealphorn herum bleiben wir auf dem oberen Weg, der Aufmerksamkeit erfordert, weil er an vielen Stellen abrutscht, oder bereits abgerutscht ist. Bald sehen wir den Piz Kesch und den Gletscher östlich davon, mit der Porta d’ Es-cha. Bis zur Keschhütte (2625m) dauert es aber noch und am Schluss brauchen alle etwas Durchhaltewille, um den letzten Anstieg zu überwinden. Gerne lassen wir uns danach vom netten Hüttenteam verwöhnen, wir geniessen die Ausblicke und einige von uns danach ein Bad im kristallklaren Seelein, nur wenige Minuten von der Hütte entfernt, in SW Richtung. Zusammen mit etwa zehntausend Rossköpfen schwimmen wir im See. Der andere See, NW der Hütte, ist ausgetrocknet.
Die Keschhütte liegt im Naturpark Ela und ist ebenfalls eine modern renovierte Hütte, mit 92 Schlafplätzen. Wir teilen ein Zwölferzimmer mit anderen Gästen und fühlen uns wohl.
Tag 3, 9. August 2024
Heute wandern wir in einem 180 Grad Bogen um den Piz Kesch, im Gegenuhrzeigersinn. Zuerst steigen wir 650m ab, in westlicher Richtung, schön verteilt auf vier Kilometer. So blumenreiche Wiesen wie auf diesem Abschnitt habe ich noch kaum je gesehen. Fantastisch. Nach diesem Abstieg, teilweise mit Föhren, Arven und Lärchen verziert, biegen wir ab nach Süden. Eine schöne Überraschung folgt sehr bald. Die Alp digl Chant, mit einem kleinen Hofladen. Joghurt und Käse machen uns stark für den Aufstieg am Ende des Tals, zur Fuorcla Pischa, 2871m. Unten finden wir es alle eher warm bis heiss, aber nach ein paar hundert Höhenmetern bläst uns oft ein frisches Lüftchen um die Nase, sehr hilfreich, um nicht zu überhitzen. Oben empfängt uns ein Schneefeld und eine grossartige Weitsicht. Jetzt noch zirka 250m absteigen und vier Kilometer gehen, dann sind wir bei der Es-cha Hütte. Aber zwischen uns und der Hütte liegen noch tausende Felsblöcke, westlich vom Wanderweg. Und inmitten von diesen Steinblöcken befindet sich ein Seelein. Zu schön, um es links liegen zu lassen. Also hin, über die Steinblöcke. Und rein in den See. So zackig ging das allerdings nicht. Der See entpuppte sich als sehr kaltes Gewässer. Meine Schätzung: Zwischen 12 und 14 Grad. Also nichts mit gemütlichem Suhlen. Sondern eher langsam rein und rasch wieder raus.
Auch die Es-cha Hütte (2594m) ist modern renoviert, sogar eine Dusche ist vorhanden. Wir bekommen ein Siebnerzimmer, mit viel Platz für Rucksack und Utensilien, ideal.
Eine JO Gruppe von sechs Jugendlichen, um die 13, macht sich am Abend bereit für die Besteigung des Piz Kesch am frühen Morgen. Die sind so begeistert und mit Eifer und Interesse dabei, dass es eine pure Freude ist für uns, ihnen zuzuschauen und sich mit ihnen zu unterhalten.
Tag 4, 10. August 2024:
Bei wolkenlosem und blauem Himmel starten wir unsere letzte Etappe dieser Tour. In gut zwei Stunden könnte man nach Zuoz oder Madulein absteigen. Wir aber traversieren zum Albulatal. Praktisch ohne Höhenverlust verlassen wir das Val d’Es-cha und biegen bei der Fuorcla Gualdauna in westlicher Richtung ab. Bald sehen wir die Albulapassstrasse. Zuerst nördlich der Strasse, dann südlich, aber meistens mit gutem Abstand zur Strasse, so dass wir sie oft gar nicht wahrnehmen, tasten wir uns langsam wieder an die Zivilisation heran, mit Mobilfunk, Autos und Töffs, Velofahrern, aber auch immer noch mit grasenden und bimmelnden Kühen, denen dieser ganze Spektakel ziemlich egal zu sein scheint.
Im Gasthaus Albula Hospiz erwarten uns sehr feine und sehr süsse Mandelgipfel, die den Zuckerbedarf für die nächsten Tage locker decken. Ein Genuss, zusammen mit Kaffee und saurem Most.
Der Abstieg nach Preda ist bis auf die letzten Meter schön und alpin. Beim wunderbaren Lai da Palpuogna picknicken wir und beschliessen, den Zug in Preda zu nehmen, statt in Bergün, und so etwas früher zurück in Basel zu sein.
Das Timing geht perfekt auf, inklusive der ersehnten Glacé in Preda. Es bleiben uns noch ein paar Minuten, um den neuen und sehr stilvoll gestalteten Bahnhof Preda zu betrachten.
Mein Dank für die schönen Tage zusammen geht an Anna, Christa, Margret, Daniel, Thomas und Uli. EB.
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